Auszeichnung zur Top Kanzlei Medizinrecht 2021 von der Wirtschaftswoche

Der Verdacht, dass eine ärztliche Diagnose falsch war, stellt für Patienten eine belastende Situation dar. Wenn aus diesem Verdacht Gewissheit wird, stellen sich drängende Fragen. Welche gesundheitlichen Folgen sind daraus entstanden? Hätte ein anderer Verlauf verhindert werden können? 

Unser Artikel bietet Ihnen einen fundierten, sachlichen Überblick über das komplexe Feld des Arzthaftungsrechts. Er  erklärt, was juristisch unter einer Fehldiagnose zu verstehen ist, welche Ansprüche sich daraus ergeben können und wie Sie erfolgreich gegen eine falsche Diagnose vorgehen können.

Was gilt als Fehldiagnose? Arten, Nachweis und Haftung

Die Grundlage für jeden Anspruch ist ein klares Verständnis der rechtlichen Gegebenheiten. Im Arzthaftungsrecht sind präzise Definitionen und Unterscheidungen maßgeblich, um die Erfolgsaussichten eines Falles realistisch bewerten zu können.

Die juristische Definition: Wenn aus einem Irrtum ein Fehler wird

Nicht jede objektiv falsche Diagnose führt automatisch zu einer Haftung des Arztes. Medizin ist keine exakte Wissenschaft; Symptome können vieldeutig sein und erfordern einen diagnostischen Prozess. Unterschieden wird daher zwischen einem entschuldbaren Diagnoseirrtum und einem vorwerfbaren, haftungsbegründenden Diagnosefehler.

Ein juristisch relevanter Diagnosefehler liegt erst dann vor, wenn die gestellte Diagnose aus der Sicht eines gewissenhaften und qualifizierten Mediziners – gemessen am sogenannten Facharztstandard – nicht mehr vertretbar oder nachvollziehbar ist. 

Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn eindeutige Symptome ignoriert, naheliegende Differenzialdiagnosen nicht in Betracht gezogen oder grundlegende diagnostische Standards verletzt werden. 

Die Frage ist also nicht nur, ob die Diagnose falsch war, sondern ob der Weg dorthin den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst entsprochen hat und ob ein Arzt für die falsche Diagnose haftbar gemacht werden kann.

Fehlerkategorien: Diagnosefehler vs. Befunderhebungsfehler

Für die juristische Strategie ist es wesentlich, die genaue Art des Fehlers zu identifizieren. Die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH), differenziert hier hauptsächlich zwischen zwei Kategorien:

Hier hat der Arzt zwar die notwendigen Untersuchungen durchgeführt, die daraus resultierenden Befunde jedoch falsch interpretiert. Der Kern des Vorwurfs ist eine fehlerhafte Analyse des erhobenen Materials, etwa die falsche Deutung eines Röntgenbildes.

In diesem Fall unterlässt es der Arzt, medizinisch gebotene Befunde überhaupt erst zu erheben. Ein klassisches Beispiel hierfür ist eine Diagnose ohne Untersuchung oder der Verzicht auf eine Biopsie bei einem verdächtigen Gewebebefund.

Diese Unterscheidung ist von erheblicher Bedeutung, da ein unterlassener, aber klar indizierter Untersuchungsschritt oft einfacher nachzuweisen ist als die strittige Fehlinterpretation eines komplexen Befundes.

Die Beweislast: Wer muss was beweisen?

Im deutschen Zivilprozess gilt der Grundsatz, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen muss. Für den Patienten bedeutet das, dass er im Regelfall die volle Beweislast trägt. 

Er muss nachweisen, dass:

Der Nachweis gelingt in der Regel nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten, das auf Basis der vollständigen Behandlungsdokumentation erstellt wird. Patienten haben nach § 630 g des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein gesetzliches Recht auf Einsicht in ihre vollständige Patientenakte. 

Besonders der Nachweis der Kausalität, also dass der Schaden bei richtiger Diagnose vermieden worden wäre, stellt in der Praxis oft die größte Hürde dar.

Rechtliche Konsequenzen bei einer Fehldiagnose – Ansprüche geltend machen

Wird ein haftungsbegründender Diagnosefehler festgestellt, können dem geschädigten Patienten verschiedene Ansprüche zustehen. Sie dienen dem Ausgleich der materiellen und immateriellen Folgen, die durch den Fehler entstanden sind.

Schadensersatz und Schmerzensgeld

Ein Arzt muss für eine falsche Diagnose unter Umständen umfassend haften. Die Ansprüche lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:

Merkmal(materieller) SchadensersatzSchmerzensgeld
ZweckAusgleich materieller/finanzieller VerlusteAusgleich immaterieller Schäden
Art des SchadensVermögensschadenNicht-Vermögensschaden
Rechtliche Grundlage§ 249 BGB§ 253 BGB
BeispieleVerdienstausfall, Behandlungskosten, Mehrbedarf, UmbaukostenKörperliche Schmerzen, seelisches Leid, Verlust an Lebensqualität

Der (materielle) Schadensersatz zielt darauf ab, alle finanziell messbaren Nachteile auszugleichen. Dazu gehören beispielsweise Verdienstausfall, Kosten für zusätzliche Behandlungen, Therapien und Medikamente. Auch Teil davon ist der Haushaltsführungsschaden, eine Entschädigung für die Unfähigkeit, den eigenen Haushalt wie  zuvor führen zu können.

Das Schmerzensgeld dient dem Ausgleich von Schäden, die sich nicht direkt in Geld bemessen lassen. Es soll eine angemessene Entschädigung für körperliche Schmerzen, seelisches Leid und den dauerhaften Verlust an Lebensqualität bieten.

Der grobe Behandlungsfehler: Die Ausnahme bei der Beweislast

Die hohe Hürde des Kausalitätsnachweises kann durch eine wichtige Ausnahme im Gesetz überwunden werden: den groben Behandlungsfehler. Ein Fehler wird als „grob“ eingestuft, wenn er aus objektiver Sicht schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt unter keinen Umständen unterlaufen darf. 

Ein fundamentaler Diagnoseirrtum, wie das Übersehen eines klar erkennbaren Tumors kann als grober Behandlungsfehler gewertet werden.

Die rechtliche Folge ist gemäß § 630 h Abs. 5 BGB die Umkehr der Beweislast für die Kausalität.

Verjährungsfristen: Langes Zögern kann problematisch werden

Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. 

Diese Frist beginnt jedoch erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Patient Kenntnis vom Schaden und der Person des Schädigers erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 BGB). Eine bloße Vermutung reicht dafür nicht aus. 

Wir empfehlen bereits dann, wenn man Anhaltspunkte dafür hat, dass etwas schiefgelaufen sein könnte, spätestens aber, nach Kenntnis baldmöglichst zu handeln, um keine Rechte zu verlieren.

Ihre Rechte als Patient – Wie NÄTHER | KRÜGER | PARTNER Sie unterstützt

Die Auseinandersetzung mit einer möglichen Fehldiagnose ist eine enorme Belastung. In dieser Situation ist kompetente juristische Hilfe unerlässlich, um die Weichen richtig zu stellen und erfolgreich gegen eine falsche Diagnose vorgehen zu können.

Ausschließlich auf Ihrer Seite: Unsere Philosophie

NÄTHER | KRÜGER | PARTNER ist ausschließlich auf Patientenseite tätig. Unsere Arbeit basiert auf Gewissenhaftigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit. Mit umfassendem Fachwissen und langjähriger Erfahrung führen wir Sie durch Entscheidungen, die oft Bedeutung für das ganze Leben haben.

Transparenz und Kompetenz

Wenn Sie den Verdacht einer Fehldiagnose haben, prüfen wir Ihren Fall fundiert. Wir beschaffen die kompletten Behandlungsunterlagen, erläutern Ihnen verständlich die Ergebnisse und welches Vorgehen sinnvoll ist. Anschließend übernehmen wir die Verhandlungen mit Versicherungen oder vertreten Ihre Interessen konsequent vor Gericht.

Warum ein spezialisierter Anwalt den Unterschied macht

Das Arzthaftungsrecht ist eine Spezialmaterie. Die Unterscheidung von Fehlerarten, der Beweis von Fehlern die Bewältigung der Beweislast und die strategische Nutzung von prozessualen Erleichterungen wie der Beweislastumkehr sind für den Erfolg eines Falles ausschlaggebend. 

Sie haben den Verdacht, Opfer einer Fehldiagnose geworden zu sein und möchten gegen die falsche Diagnose vorgehen? Kontaktieren Sie uns. Wir stehen Ihnen als erfahrene und spezialisierte Kanzlei für Patienteninteressen zur Seite.