Welche Komplikationen können während der Geburt auftreten?

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Die Geburt eines Kindes ist ein tiefgreifender Moment im Leben einer Familie. Meist verläuft sie als natürliches Ereignis ohne schwerwiegende Zwischenfälle. Doch jede Geburt ist ein komplexer Prozess, bei dem unvorhergesehene Ereignisse eine kompetente medizinische Betreuung erfordern, um die Gesundheit von Mutter und Kind zu gewährleisten.

Eine der zentralen Fragen für Eltern nach einer schwierigen Geburt lautet: War dieses Ergebnis unvermeidbar oder hätte es verhindert werden können? Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Komplikation nicht automatisch einen Fehler bedeutet. Die rechtliche Bewertung konzentriert sich weniger auf das Auftreten der Komplikation selbst, sondern auf das Management dieser Situation durch das medizinische Personal. 

Dieser Artikel beleuchtet die häufigsten Komplikationen. Er erklärt, wann daraus ein Behandlungsfehler wird und welche rechtlichen Möglichkeiten betroffene Familien haben.

Die häufigsten Komplikationen während der Geburt

Ein korrektes geburtshilfliches Management ist ein mehrstufiger Prozess. Es beginnt mit der rechtzeitigen Wahrnehmung einer Abweichung, beispielsweise durch die sorgfältige Überwachung der kindlichen Herztöne. Darauf folgt die korrekte Interpretation der vorliegenden Befunde durch erfahrenes Personal. 

Entscheidend ist dann die klare Kommunikation innerhalb des Geburtshilfe-Teams und die daraus resultierende adäquate und zeitnahe Reaktion: Sei es die Gabe von Medikamenten, die Vorbereitung einer Saugglockengeburt oder die schnelle Entscheidung für einen Notkaiserschnitt. 

Ein Behandlungsfehler liegt oft in einer Unterbrechung dieser Kette. Die folgenden Komplikationen gehören zu den häufigsten und sind oft Gegenstand arzthaftungsrechtlicher Prüfungen.

Sauerstoffmangel (Hypoxie) und seine Überwachung 

Ein Sauerstoffmangel während der Geburt ist eine der gefürchtetsten Komplikationen, da er zu schweren, bleibenden Hirnschäden wie einer Zerebralparese führen kann. Das zentrale Instrument zur Überwachung des kindlichen Wohlbefindens ist die Kardiotokografie (CTG), die die Herztöne des Kindes aufzeichnet. Anhaltend auffällige oder pathologische Herztöne sind ein klares Warnsignal für „fetalen Distress“ (eine Notsituation des Kindes).

Das korrekte Interpretieren des CTG und das rechtzeitige Reagieren darauf sind Kernkompetenzen der Geburtshilfe. Ein Versäumnis in diesem Bereich ist häufig Ursache für vermeidbare Geburtsschäden.

Probleme mit dem Geburtsverlauf

Ein reibungsloser Ablauf hängt von der Wehentätigkeit und der Position des Kindes ab.

  • Wehenschwäche und Geburtsstillstand: 

Sind die Wehen zu schwach, um die Geburt voranzutreiben, kommt der Verlauf zum Stillstand. Wird hier nicht adäquat reagiert, z. B. mit einem Wehentropf oder der Entscheidung für eine operative Entbindung, kann das Kind in Gefahr geraten.

  • Lageanomalien: 

Liegt das Kind nicht in der idealen Schädellage (z. B. Beckenendlage, Querlage), kann eine vaginale Geburt erschwert oder unmöglich sein. Ein Versäumnis, dies rechtzeitig zu erkennen und die Geburtsmethode anzupassen (z. B. durch einen geplanten Kaiserschnitt), kann fehlerhaft sein.

  • Nabelschnurkomplikationen: 

Ein Nabelschnurvorfall, bei dem die Nabelschnur vor den Kopf des Kindes rutscht und komprimiert wird, ist ein akuter Notfall. Er erfordert einen sofortigen Notkaiserschnitt, um einen schweren Sauerstoffmangel zu verhindern. Jede Verzögerung ist hier kritisch.

Geburtsverletzungen und der Einsatz von Hilfsmitteln

Höhergradige Dammrisse (Grad 3 und 4) können für die Mutter zu langanhaltenden Problemen wie Schmerzen oder Inkontinenz führen. Eine sorgfältige Versorgung ist hier Pflicht. Werden geburtshilfliche Instrumente wie die Saugglocke eingesetzt, steigen die Risiken für Mutter und Kind. Während Schwellungen am Kopf des Kindes oft harmlos sind, kann eine unsachgemäße Anwendung zu schweren Schäden wie Hirnblutungen führen.

Rechtliche Konsequenzen bei Komplikationen

Führt eine Komplikation zu einem Schaden bei Mutter und/oder Kind, stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Ein Anspruch auf Entschädigung entsteht, wenn ein nachweisbarer Behandlungsfehler vorliegt.

Der Behandlungsfehler im Geburtsschadensrecht

Rechtlich spricht man von einem „Geburtsschaden“, wenn die Schädigung auf einen „Behandlungsfehler“ zurückzuführen ist. Dies ist eine objektiv feststellbare Abweichung vom sogenannten „Facharztstandard“ nach § 630 a BGB. Typische Fehlerquellen sind das Ignorieren eines pathologischen CTG, die verzögerte Einleitung eines Kaiserschnitts oder die fehlerhafte Anwendung von Instrumenten wie der Saugglocke.

Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Fehler fundamental gegen bewährte medizinische Regeln verstößt und einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Dann ist die Folge die Umkehr der Beweislast (§ 630 h BGB): Nicht mehr die Familie muss beweisen, dass der Fehler den Schaden verursacht hat, sondern die Klinik muss beweisen, dass der Schaden auch ohne den Fehler eingetreten wäre. 

Das verbessert die Position der geschädigten Familie im Rechtsstreit entscheidend.

Ansprüche für Betroffene: Schmerzensgeld und Schadensersatz

Wird ein Behandlungsfehler nachgewiesen, stehen dem geschädigten Kind und teils auch den Eltern umfangreiche Ansprüche zu.

  • Schmerzensgeld: 

Es dient dem Ausgleich für erlittene und zukünftige Schmerzen, Leiden und den Verlust an Lebensqualität. Bei schwersten Geburtsschäden, die zu lebenslangen Behinderungen führen, können die zugesprochenen Summen erheblich sein, wie die folgende Tabelle mit echten Urteilen zeigt:

Art der SchädigungZugesprochenes SchmerzensgeldGericht & JahrWesentlicher Fehler
Schwere Hirnschäden720.000 EuroOLG Frankfurt, 2025Fehlerhafte Betreuung einer Hochrisikoschwangerschaft
Schwerstbehinderung nach Geburt600.000 EuroOLG Jena, 2009Zu spät eingeleiteter Kaiserschnitt
Schwere Hirnschädigung, Blind-, Taubheit500.000 EuroOLG Hamm, 2003Fehlerhafte Anwendung des Kristeller-Handgriffs
Gravierende Behinderung (Sauerstoffmangel)300.000 EuroOLG Hamm, 2015Zu spät eingeleiteter Notkaiserschnitt
  • Schadensersatz: 

Dieser Anspruch ist für die lebenslange Versorgung oft noch wichtiger und deckt alle materiellen, finanziellen Schäden ab. Dazu gehören lebenslange Pflegekosten, Therapiebedarf, Hilfsmittel, Umbaukosten für Wohnung und Fahrzeug sowie der Erwerbsschaden – also der Ausgleich für das Einkommen, das das Kind aufgrund seiner Behinderung nie wird erzielen können.

Verjährung im Geburtsschadensrecht

Ansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren. Diese Frist beginnt erst am Ende des Jahres, in dem die Eltern Kenntnis vom Schaden und den Umständen erlangen, die einen Behandlungsfehler nahelegen. 

Da sich die Folgen oft erst nach Jahren zeigen, kann die Frist auch lange nach der Geburt zu laufen beginnen. Nach spätestens 30 Jahren tritt allerdings eine absolute Verjährung ein.

Professionelle anwaltliche Hilfe als Wegweiser im Medizinrecht

Ein Geburtsschaden ist lebensverändernd. In dieser Situation ist es kaum möglich, sich allein im Dschungel des Medizinrechts zurechtzufinden.

Die Entscheidung, rechtliche Hilfe zu suchen, ist oft der beste Weg, um sich Klarheit zu verschaffen, für Gerechtigkeit zu kämpfen und die Zukunft des Kindes zu sichern. Als ausschließlich auf Patientenseite tätige Kanzlei basiert unsere Arbeit auf Gewissenhaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Unsere Expertise wird durch wiederholte Auszeichnungen als TOP Kanzlei im Medizinrecht durch die WirtschaftsWoche bestätigt. Unser Ziel ist es, durch die Durchsetzung eines angemessenen Schmerzensgeldes und eines umfassenden materiellen Schadensersatzes die bestmögliche medizinische Versorgung, alle notwendigen Therapien und eine adäquate Pflege für das gesamte Leben Ihres Kindes zu finanzieren.

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